Im Folgenden möchte ich Ihnen einige Hinweise geben, wie Sie sich am besten nach einem Unfall verhalten und wie das weitere Vorgehen zur Schadensregulierung auszusehen hat.
Ein alter aber weiser Spruch: Ruhe bewahren - es gibt viel schlimmere Dinge als einen Unfall!
Sie sollten folgende Dinge umgehend in die Wege leiten:
Sofern Sie sich noch am Unfallort befinden, sichern Sie umgehend die Verkehrslage ab. Falls es sich nur um einen Bagatellschaden handelt, fahren Sie Ihr bzw. die Autos an den Straßenrand und räumen Sie die Straße. Liegt ein größerer Schaden vor, insbesondere wenn Personen zu Schaden gekommen sind, rufen Sie in jedem Fall die Polizei. Auch wenn nach Ihrer Ansicht die Hauptschuld des Unfalles bei Ihnen liegt, weil Sie z.B. ein Stoppschild überfahren haben, ist es m.E. ratsam, die Gefahr eines Bußgeldbescheides in Kauf zu nehmen und trotzdem die Polizei rufen: Diese sichert nicht nur die Unfallstelle ab, sondern sorgt vor allem für eine verwertbare Beweisaufnahme. Leider bestätigen hier Ausnahmen die Regel: Drängen Sie nötigenfalls auf eine ordnungsgemäße Unfallaufnahme mit dem Hinweis, daß diese nicht nur einen langwierigen Rechtsstreit vermeiden kann, sondern Sie auch vor möglichen nachträglichen Manipulationen des Unfallgegners schützen soll.
Tauschen Sie die Personalien der Unfallbeteiligten sowie der Zeugen aus und füllen Sie einen Unfallbogen aus. Wichtig ist hierbei, daß vor allem die Schilderung des Unfallherganges detailliert ist (Skizze!). Einen solchen Unfallbogen erhält man kostenlos beim
Begutachten Sie, ob Ihr Auto noch fahrtauglich ist, oder ob Sie einen Abschleppdienst beauftragen. Verlassen Sie keinesfalls mit einem nicht verkehrssicheren Auto die Unfallstelle!
Sofern ein Personenschaden vorliegt, sollte die verletzte Person umgehend einen Arzt aufsuchen. Dies dient nicht nur der eigenen Sicherheit, sondern auch der Beweissicherung der Verletzungen für evtl. spätere Ansprüche (Schmerzensgeld).
Entscheiden Sie sich, ob Sie einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen möchten, ob, wo und wie Sie Ihr Auto reparieren lassen möchten und welche Ansprüche Sie an den Unfallgegner stellen, z.B. den Ersatz von Nutzungsausfall oder auch die Zurverfügungstellung eines Leihwagens. Welche Rechte Ihnen im Einzelnen zustehen, erfahren Sie hier.
Top B. Benötige ich einen Anwalt und welche Kosten kommen auf mich zu?
Was nützt mir ein Anwalt?
Stellen Sie sich vor, Sie parken aus einer Parkbucht aus. Sie stoßen nicht gerade langsam zurück und fahren dabei gegen einen dieser grauen Betonbegrenzungspfosten. Ihre Stoßstange ist kaputt und muß für über € 1.000,- ersetzt werden. Hätten Sie gewußt, daß bei schlechter Kennzeichnung des Pfostens den halben Schaden der Parkplatzbetreiber übernehmen muß (AG Alsfeld in DAR 98, 356)?
Oder hätten Sie gewußt, daß bei einem Auffahrunfall unter Umständen der Vorausfahrenden bis zur Hälfte (!) der Haftung tragen kann, wenn er zum Abbremsen nicht die Bremse (Bremslichter) sondern die Motorbremse benutzte (AG Eckernförde in ZfS 98, 247)?
Ein Rechtsanwalt aber weiß so etwas und kann so dafür Sorge tragen, daß Sie auch wirklich alle Ihre Rechte geltend machen können.
Dies gilt insbesondere gegenüber den Versicherungsgesellschaften: Bei einem Unfall stellen diese regelmäßig eine dritte, sicher aber keine neutrale Partei dar: Diesen ist daran gelegen, einerseits den Versicherungsnehmer nicht zu verärgern, andererseits aber auch möglichst wenig zu zahlen. Deshalb kommt es sehr oft vor, daß seitens der Versicherung den Beteiligten gegenüber bestimmte Rechte verschwiegen werden (z.B. den Anspruch des Geschädigten auf Kilometergeld für unfallbedingte Mehrfahrten oder Wertminderung des Fahrzeugs). Hier kann den Beteiligten aber nur ein Rechtsanwalt weiterhelfen. Dieser kann als Rechtskundiger ganz anders auftreten und Auseinandersetzungen von vornherein vermeiden. Ein entsprechendes Anschreiben wirkt oft Wunder und beseitigt so manche Blockadehaltung.
Im Ergebnis empfiehlt es sich so, regelmäßig einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
Dies gilt nicht nur, wenn der Gegner sich einen Rechtsanwalt "leistet" oder wenn einer Partei ein Mitverschulden angelastet wird, sondern gerade in Hinblick auf die vollständige Geltendmachung Ihrer Ansprüche auch dann, wenn die Verschuldensfrage eindeutig ist.
Deshalb sind beispielsweise dessen Gebühren vom Schädiger auch dann zu übernehmen, wenn eine auf den ersten Blick einfache Sach- und Rechtslage besteht: So wird sichergestellt, daß der Geschädigte nicht aus Angst vor hohen Kosten auf einen Rechtsanwalt verzichtet, tatsächlich dadurch aber einen Großteil seiner Ansprüche verliert bzw. nicht geltend macht.
Ausnahmsweise kann von der Beauftragung eines Anwaltes abgesehen werden, wenn es sich um Bagatellschäden handelt und die Rechtslage völlig eindeutig ist.
Zu bedenken ist hier aber, daß anfängliche Einigkeit, auch mit der gegnerischen Versicherung, sehr schnell in einen Streit ausarten kann. Wird erst jetzt von der anderen Partei ein Anwalt beauftragt, so können wichtige Rechte alleine schon durch Zeitablauf oder durch unbedachte Äußerungen verloren gegangen sein.
Welche Kosten entstehen für mich?
Die Grundregel lautet: Als Geschädigter haben Sie das Recht, anwaltlichen Rat auf Kosten der gegnerischen Versicherung in Anspruch zu nehmen.
Denn die Anwaltskosten sind vom Schädiger auch dann zu übernehmen, wenn die Rechtslage eindeutig ist, sofern der Geschädigte die Beauftragung des Anwalts für erforderlich halten durfte. Dies deshalb, weil man als Laie eben nur selten den Umfang seiner Rechte völlig erkennen kann. Und dies ist in der Regel bei jedem Schaden, mit Ausnahme von Bagatellschäden, der Fall.
Ihr Rechtsanwalt führt jede notwendige Korrespondenz mit dem Gegner, der Polizei, sowie der gegnerischen Versicherung, den Sachverständigen sowie der evtl. Reparaturwerkstatt und trägt dafür Sorge, daß Ihre Rechte in vollem Umfang gewahrt werden.
Sofern Sie eine Verkehrs-Rechtsschutzversicherung besitzen, fallen für Sie auch in den denkbar ungünstigsten Situationen grundsätzlich keine Kosten an, da die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auch unter Ihren Versicherungsschutz fällt. Um diese Deckungszusage kann sich ebenfalls Ihr Anwalt bemühen.
Falls Sie sich für die Inanspruchnahme eines Anwaltes entschieden haben, so ist es in rechtlich oder tatsächlich relativ einfachen gelagerten Fällen meist für die Schadensregulierung schon ausreichen, den Fragebogen zusammen mit der entsprechenden Vollmacht zu übersenden. Sollte Ihnen bereits an Anschreiben der gegnerischen Versicherung vorliegen, dann übersenden Sie bitte auch dieses. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn Sie zeitlich sehr gebunden sind und ein Erscheinen in der Kanzlei problematisch wäre. 90% der Unfälle können höchst ökonomisch rein telefonisch bzw. schriftlich geregelt werden.
Ob ein solcher Fall vorliegt, kann leicht in persönlichen Telefonat entschieden werden, so daß der erste Kontakt telefonisch sein sollte. Nachdem Sie die Dinge aus Ihrer Sicht geschildert haben, kann in der Regel schon eine Vorauskunft gegeben werden, welche Aussichten bestehen und wie im weiteren zu verfahren ist.
Eine Grundregel ist jedoch auch hier zu beachten: Wenn Sie gedenken, einen Anwalt zu beauftragen, dann vermeiden Sie in jedem Fall zunächst den direkten Kontakt zur gegnerischen Versicherung. Diese möchte freilich Ihnen am liebsten, so schnell es geht, deren eigene Regulierung anbieten. Teilen Sie ruhig mit, daß Sie die Angelegenheit an ihren Anwalt abgegeben haben oder abgeben und dieser sich mit der Versicherung in Verbindung setzen wird.
Top D. Welche Rechte stehen mir zu, welche Pflichten habe ich?
Die Ihnen zustehenden Rechte und Pflichten bestimmen sich natürlich nach dem konkreten Unfallgeschehen und den Unfallfolgen und können deshalb nicht pauschalisiert werden. Die im folgenden genannten Rechte und Pflichten sind deshalb weder abschließend, noch kann bestimmt werden, ob sie auch im konkreten Fall bestehen. Es werden deshalb nur exemplarisch einige gängige Ansprüche und Verpflichtungen dargestellt, wobei die tatsächliche Höhe der Ansprüche maßgeblich durch die Verschuldensfrage bestimmt wird. Ob die genannten Punkte und Voraussetzungen so auch bei Ihnen gelten oder weitere Erfordernisse erfüllt sein müssen, kann nur bei genauer Kenntnis des Sachverhaltes festgestellt werden.
Abschleppkosten
Sofern es sich nicht um eine unverhältnismäßige Entfernung handelt, so daß eine Reparatur am Unfallort angebracht gewesen wäre, sind Abschleppkosten vom Schädiger zu ersetzen.
Fahrtkosten
Sofern relevante Fahrtkosten, die alleine durch den Unfall bedingt sind, entstanden sind, sind diese, unter Umständen sogar für nahe Angehörige zu entschädigen (z.B. bei Krankenhausbesuchen).
Heilbehandlungskosten und Schmerzensgeld bei Personenschäden
Der Geschädigte hat Anspruch auf Erstattung der Heilbehandlungskosten sowie auf ein angemessenes Schmerzensgeld. Er muß aber ärztliche Verordnungen befolgen und für eine rasche Gesundung im Rahmen des Zumutbaren Sorge tragen. Die Höhe des Schmerzensgeldes bestimmt sich nach Art und Ausmaß der Verletzungen, Dauer der Heilbehandlung (unter Umständen auch des Rechtsstreites) und Ausmaß der Beeinträchtigung der Lebensführung.
Finanzierungskosten
Muß der in Vorlage tretende Geschädigte unfallbedingt einen Kredit aufnehmen, so sind dessen Kosten unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls vom Schädiger zu ersetzen. In der Regel sollte hier jedoch eine Abstimmung mit der gegnerischen Versicherung erfolgen; oft reicht bereits die Drohung mit dem Anfall von Finanzierungskosten aus, die vollständige Regulierung zu erreichen.
Mietwagenkosten
Nur, falls der Geschädigte tatsächlich auf die Verfügbarkeit eines Autos angewiesen ist, kann für die Reparaturdauer ein Mietwagen genommen werden. Dessen Kosten sind von der Gegenseite zu ersetzen, wobei sich der Geschädigte unter Umständen einen Abzug von etwa 10 - 15% wegen der Ersparnis eigener Aufwendungen (das eigene Auto wird ja während dieser Zeit nicht genutzt) gefallen lassen muß. Ggf. ist ein solcher Abzug auch vermeidbar.
Den Geschädigten trifft auch hier die generelle Schadensminderungspflicht, d.h., er darf höchstens ein Auto gleicher Klasse anmieten, muß einen Preisvergleich mit anderen Autovermietungen anstellen und dann das günstigste Angebot wählen, ggf. auch Sondertarife berücksichtigen. Hinsichtlich der Kosten tritt der Geschädigte in Vorleistung. Nicht maßgeblich sind allerdings die oft von den gegnerischen Versicherungen als "maximal" bezeichneten Tagessätze, da diese zum Teil nicht auf reellen Marktpreisen basieren. Im reinen Kaskofall werden keine Mietwagenkosten ersetzt! Der Mietwagen darf nicht für eine unverhältnismäßig lange Zeit in Anspruch genommen werden, ggf. ist ein Interimsfahrzeug zu beschaffen.
Nutzungsausfall
Wenn sich der Geschädigte keinen Mietwagen nimmt, kann er eine Nutzungsausfallentschädigung beanspruchen, d.h., er hat Anspruch auf eine Entschädigung für die Zeit, während der er sein Auto nicht nutzen konnte. Voraussetzung ist aber, daß er ohne den Unfall sein Auto hätte nutzen können und wollen und er hieran nicht durch andere Umstände gehindert gewesen wäre. Die Höhe der Entschädigung beträgt in der Praxis ca. 30 - 40 % vergleichbarer Mietwagenkosten. Im reinen Kaskofall wird keine Nutzungsausfallentschädigung gezahlt.
Reparaturschaden
Die konkreten Reparaturkosten bestimmen sich nach dem in einem Gutachten festgestellten Schaden bzw. nach einem Kostenvoranschlag einer Fachwerkstatt. Auch wenn die tatsächlichen Reparaturkosten in der Werkstatt unter den im Gutachten veranschlagten Kosten liegen oder eine Eigenreparatur durchgeführt wird, können die Gutachtenkosten verlangt werden. Zudem ist die Durchführung einer Reparatur von dem Anspruch auf Schadensersatz abgekoppelt, d.h., auch wenn der Wagen nicht repariert oder verkauft wird, kann Schadensersatz in voller Höhe gefordert werden.
Zu beachten ist, daß bei einer rein fiktiven Abrechnung, also wenn das Auto tatsächlich nicht repariert wird, u.U. keine Mietwagenkosten bzw. keine Nutzungsausfallentschädigung gefordert werden kann.
Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis, also die Erstattung des Kaufpreises, kommt allenfalls in Betracht, wenn das Auto nicht älter als einen Monat ist und eine Laufleistung von max. 1.000 km aufweist, wobei diese Grenzen fließend sind und im individuellen Fall zu prüfen sind.
Ein Totalschaden liegt vor, wenn die Herstellung des vor dem Unfall bestehenden Fahrzeugzustandes entweder tatsächlich nicht möglich ist oder wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll wäre. Hiervon wird i.d.R. dann ausgegangen, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert ohne Berücksichtigung des Restwertes um 30 % übersteigen. In diesem Fall ist der Schädiger nur zum Ersatz des Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes verpflichtet.
Weiterhin ist vom Schädiger, falls kein Totalschaden vorliegt, der sogenannte merkantile Minderwert, also die unfallbedingte Wertminderung zu ersetzen (nicht aber von der Kaskoversicherung).
Sachverständigenkosten
Sofern die Bagatellgrenze (rund € 600,- bis € 1.000,-) überschritten ist und ein Sachverständiger beauftragt werden durfte, sind dessen Forderungen vom Schädiger zu begleichen. Der Geschädigte sollte unbedingt einen Sachverständigen seines Vertrauens beauftragen und gerade nicht den von der Gegenseite oder der Versicherung empfohlenen Sachverständigen. Wie bereits ausgeführt: Die Versicherung des Schädigers ist "Gegner".
Rechtsanwaltskosten
Denn die Anwaltskosten sind vom Schädiger auch dann zu übernehmen, wenn die Rechtslage eindeutig ist, sofern der Geschädigte die Beauftragung des Anwalts für erforderlich halten durfte. Siehe oben.
Rückstufungsschaden
Sofern der Geschädigte aufgrund des Unfalles seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nimmt, ist ihm der Rückstufungsschaden zu ersetzen.
Schadensminderungspflicht der Parteien
Die mit Abstand wichtigste Pflicht, die Sie als Unfallbeteiligter bei der Schadensregulierung trifft, ist die sogenannte Schadensminderungspflicht.
Diese besagt, daß Sie alles Zumutbare unternehmen müssen, um Ihren eigenen Schaden und den des Gegners gering zu halten. Hierzu zählt z.B., daß Sie bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges Preisvergleiche vornehmen müssen, daß Sie bei Heilbehandlungen diese nicht in Länge ziehen und medizinisch indizierte Maßnahmen durchführen bzw. vornehmen lassen (z.B. vergleichsweise risikofreie Operation), aber auch, daß Sie einen eventuellen Rechtsstreit nicht in die Länge ziehen, sondern bereitwillig und unverzüglich alle von Ihnen benötigten Auskünfte erteilen.
Alle Kosten, die nur deshalb entstehen, weil die Schadensminderungspflicht nicht beachtet wurde, sind vom Geschädigten selbst zu tragen und können nicht vom Schädiger verlangt werden. Diese Pflichten zu beachten, hilft Ihnen Ihr Anwalt.
Auch ein durch den Unfall bedingter Verdienstausfall ist vom Schädiger zu ersetzen, wobei der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht darauf achten muß, seine ihm verbliebene Arbeitskraft soweit möglich weiterhin einzusetzen.
Bei Hausfrauen ist bei Ausfall der Arbeitskraft ein ggf. auch nur fiktiver Schaden in Höhe der Kosten für eine Haushaltshilfe zu ersetzen.